MZ-Artikel 04.12.2002

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Abriss oder neue Nutzung: Ein Gutachten soll Klarheit bringen

Rat wird in seiner Sitzung am 16. Dezember über die Auftragsvergabe im Umfang von rund 120 000 Euro zu entscheiden haben. CDU tut sich mit Entscheidung schwer

Von Horst vom Hofe

MEINERZHAGEN · Der Rat der Stadt Meinerzhagen wird in seiner letzten Sitzung in diesem Jahr am 16. Dezember über die Auftragsvergabe für ein Gutachten über die ehemalige Landesschule zu entscheiden haben. Voraussichtlich rund 120 000 Euro würde es kosten, wenn die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) mit einer umfangreichen Studie für verlässliche Aussagen über die mögliche Umsetzung des vorgesehenen Nutzungskonzeptes sorgt.

Bürgermeister Erhard Pierlings berichtete in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Montag über ein am gleichen Tag mit Vertretern der LEG geführtes Sondierungsgespräch. Die LEG verfügt aus zahlreichen vergleichbaren anderen Projekten über große Erfahrungen auf diesem Gebiet.

Gegenstand des Gutachtens sollte zum einen eine "ingenieurmäßige Betrachtung" des Baukörpers und der vorhandenen Einrichtungen sein. Der Allgemeinzustand soll ebenso ermittelt werden wie mögliche Baumängel und der erforderliche Aufwand für deren Beseitigung.

Teil 2 des Gutachtens wäre eine "kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Betrachtung" der zu erwartenden Kosten für die Umsetzung des Nutzungskonzeptes und die zu erwartenden Folgekosten.

Wie berichtet, gibt es unter anderem die Absicht, die Sonderschule in das ehemalige Internatsschul-Gebäude zu verlagern. Auch die Musikschule könnte als weitere städtische Einrichtung hier untergebracht werden. Ob dies auch mit dem Jugendzentrum geschehen kann, darüber soll noch beraten werden. Gerd Wirth für die SPD kündigte dazu an, dass dies für seine Fraktion wohl nicht in Betracht komme. Desweiteren ist daran gedacht, ein berufliches Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebot in Trägerschaft des Arbeitsamtes einzurichten. "Konkrete Zusagen gibt es dazu aber noch nicht", teilte der Bürgermeister auf eine diesbezügliche Anfrage der CDU-Ratsfraktion mit. Man sei aber mit dem Arbeitsamt ebenso im Gespräch wie mit dem Märkischen Kreis, der in der ehemaligen Landesschule unter Umständen ebenfalls einige Einrichtungen unterbringen könnte.

Um aber tatsächlich konkret weiter verhandeln zu können, sei es unerlässlich, über ein unabhängiges Gutachten nun zu verlässlichen Aussagen über Zustand und Kostenfrage zu gelangen. "Vielleicht sind die Ergebnisse dann so, dass wir uns von unseren Vorstellungen verabschieden müssen und tatsächlich nur noch der Abriss übrig bleibt. Aber andersrum gibt es auch die Chance, dass dieses Gebäude tatsächlich noch sinnvoll weiter zu nutzen wäre", zeigte der Bürgermeister auf.

Dass das Land trotz eigener finanzieller Probleme einen Zuschuss in Höhe von 84 000 Euro für die Gutachtenkosten bereitgestellt habe, verdeutliche, welch großen Stellenwert man auch dort dem Projekt Landesschule beimesse, betonte der Bürgermeister.

Wie berichtet, kam es im Hauptausschuss zu einem zwar einstimmigen Votum für das Gutachten. Die CDU enthielt sich aber, um bis zur entscheidenden Abstimmung im Rat ihre Auffassung noch einmal zu überdenken. Gegenwärtig, so schilderte es ihr Fraktionsvorsitzender Axel Oehm, neigt man eher dazu, auf den Einsatz von 120 000 Euro aus Steuergeldern für ein Gutachten verzichten zu wollen, weil man befürchtet, dass am Ende womöglich doch kein Weg an einem Abriss der Landesschule vorbeiführt, weil alle anderen möglichen Alternativen nicht zum Tragen kommen.



KOMMENTAR

Eine schwere Entscheidung

Von Horst vom Hofe
 

In der Tat: Das ist eine sehr schwierige Entscheidung, vor die sich der Rat der Stadt Meinerzhagen gestellt sieht. Sagt er Nein zur Vergabe eines Gutachtens über die ehemalige Landesschule, würde das wohl gleich bedeutend mit dem endgültigen "Todesurteil" sein. Dann ginge wohl kaum noch ein Weg vorbei am Abriss.

Angesichts der einstigen Bedeutung des Internatsgymnasiums in landeskirchlicher Trägerschaft, aber auch eingedenk der vielen Millionen, die der Schulbau vormals gekostet hat und nicht zuletzt auch wegen des stadtbildprägenden Charakters des Gebäudes "Auf der Freiheit" eine Vision, mit der man sich nur schwerlich anfreunden mag.

Andererseits: So schlüssig und so verlockend sich das zurzeit diskutierte neue Nutzungskonzept anhört, so groß und so zahlreich sind doch die Fragezeichen, die es dazu in vielen Punkten noch gibt.

Zweifelsohne: auch die vom Land für das Gutachten bewilligten 84 000 Euro und die von der Stadt noch draufzulegenden 36 000 Euro würden aus Steuergeldern kommen. Sind die wirklich sinnvoll eingesetzt, wenn am Ende des Prozesses genau das steht, was nicht wenige befürchten: dass das diskutierte Nutzungskonzept sich nicht verwirklichen lässt.

Der Rat muss sich entscheiden: So oder so. Und das über eine Einrichtung, die der Stadt ja eigentlich gar nicht gehört, die nach wie vor in Trägerschaft der Evangelischen Landeskirche steht. Wäre die nicht eigentlich zuständig für das Gutachten?

Eine Frage, die natürlich diskutiert wurde. Stadt und Kirche wurden sich am Ende in gemeinsamer Verantwortung einig über den für beide Seiten effektivsten Weg. Dazu nur der Hinweis: Die Kirche hätte für das Gutachten keinen Landeszuschuss in Anspruch nehmen können. Unausgesprochen, aber intern wohl auch längst geklärt, dürfte es auch eine Regelung für den noch verbleibenden Betrag zu den Gutachtenkosten geben.

Vor diesem Hintergrund und auch mit der Hoffnung, dass durch ein womöglich positiver als erwartet ausfallendes Gutachten der noch glimmende Hoffnungsfunken für den Erhalt der Landesschule wieder zum Lodern gebracht werden könnte, sollte der Rat vor der Auftragsvergabe für das Gutachten nicht zurückscheuen. Das kann im konkreten keinesfalls so interpretiert werden, dass man eine womöglich lästige Entscheidung in andere Hände geben möchte. Aber man stellt sicher, dass das letzte Wort in Sachen Landesschule nach Abwägung wirklich aller Daten und Fakten gesprochen werden kann.


© [04.12.2002] Märkischer Zeitungsverlag GmbH & Co. KG
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