MZ-Artikel 24.04.2004 |
Zurück |
Ehemalige Landesschule: Beton-Bau ein Denkmal?
60er-Jahre Komplex auf der Freiheit verschlingt jährlich 150 000 Euro. Kochgruppe findet Verwendung im "Alten Leuchtturm" auf Borkum Von Jürgen Beil MEINERZHAGEN · Gut 17 Euro kostet die Unterhaltung der schon lange leer stehenden ehemaligen evangelischen Landesschule auf der Freiheit - und das Stunde für Stunde. Über ein Jahr gerechnet, muss das Landeskirchenamt in Bielefeld also etwa 150 000 Euro investieren, um den riesigen Komplex vor dem Verfall zu retten. Und dabei scheinen die Würfel über die Zukunft der einstigen Eliteschule längst gefallen zu sein: Wie bereits berichtet, scheiterte der Versuch der Stadt Meinerzhagen, gemeinsam mit einigen Partnern eine neue Nutzung herbeizuführen. Nun droht der Abriss, denn ohne Mieter verkommt das ehemalige Vorzeigeprojekt immer mehr zum Fass ohne Boden. Ob die Bagger den 60er-Jahre-Bau jedoch überhaupt in seine Einzelteile zerlegen dürfen, scheint fraglich. Denn: Eventuell wird die Landesschule unter Denkmalschutz gestellt. "Es gibt ernsthafte Anstrengungen einer Gruppe von Leuten, die sich darum bemüht, das Gebäude unter Schutz zu stellen. Das Westfälische Amt für Denkmalpflege, die Stadt als untere Denkmalbehörde und der Eigentümer, die Landeskirche, müssen sich nun zusammensetzen und darüber beraten", bestätigte Bürgermeister Erhard Pierlings gestern auf MZ-Anfrage. Ob das Gebäude schützenswert ist oder nicht - darüber gibt es sicherlich geteilte Auffassungen, angesichts der für diese Zeit typischen Architektur. "Der Gedanke der Internatserziehung quasi in Stein gegossen", so argumentieren Befürworter der Unterschutzstellung. Bislang wurden die Denkmalschutz-Pläne zurückgestellt, weil alle Beteiligten immer noch Hoffnung hatten, die ehemalige Landesschule wieder mit Leben zu füllen. Das ist mittlerweile längst Schnee von gestern und auch Landeskirchenrat Werner Prüßner in Bielefeld gibt sich keinen Illusionen mehr hin: "Die Beschlusslage ist seit über einem Jahr klar, falls keine Lösung gefunden wird, wird abgerissen", bestätigte er gestern gegenüber der MZ. Im Mai reisen nun Mitarbeiter des Landeskirchenamtes in die Volmestadt, wo Einzelheiten über das weitere Vorgehen abgeklärt werden sollen. Wenn alle Parteien sich schnell einigen, könnte der Abriss zügig angegangen werden, eventuell noch im Juni, betonte Werner Prüßner gestern. Bevor die Ex-Landesschule jedoch zu Bauschutt zerfällt, gibt es eine Menge zu tun, denn einiges vom Inventar kann noch verwendet werden. Erst gestern wurde beispielsweise eine ganze Kochgruppe der Großküche ausgebaut. Sie wird künftig im "Alten Leuchtturm", der Familienferienstätte des Diakonischen Werkes auf Borkum, Verwendung finden. Die komplett ausgerüsteten Werkstätten wurden größtenteils bereits zum Evangelischen Gymnasium auf den Bamberg umquartiert und über andere Gebrauchsgegenstände freuten sich Evangelische Tagungsstätten in Iserlohn und Schwerte. Die Evangelische Gesamtschule in Gelsenkirchen profitiert ebenfalls vom "Ausverkauf" auf der Freiheit: Hierhin wurde Geschirr "geliefert". Bei aller Freude über die sinnvolle Nutzung der Meinerzhagener "Konkursmasse", eines ärgert Hausverwalter Ralf Janßen mächtig: "Es gibt praktisch keinen Raum mehr in der Landesschule, der nicht von Vandalen heimgesucht wurde. Gestohlen wird nichts, einfach nur zerschlagen." © [24.04.2004] Märkischer Zeitungsverlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Verlags |