MZ-Artikel 09.10.2004

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Kaum Chancen für Schneider

Ex-Landesschüler will Gebäudekomplex kaufen. Landeskirchenrat skeptisch

MEINERZHAGEN · Von 1969 bis 1976 besuchte Albert Schneider die Evangelische Landesschule "Zur Pforte" in Meinerzhagen. Jetzt, 28 Jahre später, will er die Gebäude auf der Freiheit kaufen, in denen er einst Abi baute und viele schöne Stunden verbrachte. Doch obwohl die Landesschule einst dringend veräußert werden sollte, hat der Plan des heute in Detmold wohnenden Internet-Antiquariars wohl kaum eine Chance. "Jedenfalls nicht zu den Konditionen, die er dafür vorgesehen hat", urteilt Landeskirchenrat Werner Prüßner gestern auf MZ-Anfrage.

Schneider hatte wie bereits berichtet geplant, der Landeskirche als Besitzerin einen symbolischen Euro zu überweisen, im Gegenzug dafür aber das Geld, das für den Abriss eingespart werden könnte, als Zuschuss zu kassieren. Das wären ungefähr eine Million Euro. Außerdem sieht Schneiders Plan vor, von dem Gelände Bauland abzutrennen, das die Landeskirche dann verkaufen könnte. Investoren, die anschließend den riesigen Komplex wieder "flottmachen" wollen, hat Schneider nicht - lediglich Ideen: So soll ein Verein gegründet werden, "der passende, langfristige Nutzer für einzelne Gebäudeteile auswählt und darüber entscheidet, wie der von der Landeskirche zur Verfügung gestellte Baukostenzuschuss verteilt wird." Die Fläche, auf der die ehemalige Landesschule steht, soll außerdem in ein "Gelände für Wohnen und nichtstörendes Gewerbe" umgewandelt werden.

Werner Prüßner, der bei der Landeskirche in Bielefeld die Verhandlungen in Sachen Ex-Landesschule leitet, ist allerdings mehr als skeptisch, den Abriss noch verhindern zu können: "Dort oben ist kein Gewerbe möglich, es ist höchstens als Bauland zu gebrauchen - egal was auch ein Ratsmitglied dazu erklärt. Mein Ansprechpartner ist Bürgermeister Pierlings." Auch das Meinerzhagener Stadtoberhaupt kann sich aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass Schneiders Pläne umsetzbar sind: "Ich habe ihm dazu auch meine Meinung gesagt. Dort das Planungsrecht zu ändern, ist sicherlich nicht unproblematisch. Bei der Landesschule ist eine ruhige Entscheidung gefragt, Schneiders Pläne sind unrealistisch." Genau das ist auch die Meinung des Landeskirchenrates: "Wir werden nicht mit Albert Schneider verhandeln. Und auch was die Bausubstanz der Landesschule angeht, sehe ich eigentlich keine Chance, sie zu erhalten." In Bielefeld geht man stattdessen nach wie vor davon aus, dass der Gebäudekomplex bald abgerissen wird. "Wir hoffen, dass wir noch vor dem Winter damit beginnen können", äußerte Werner Prüßner gestern gegenüber der MZ. · beil


KOMMENTAR

Aus und vorbei, es ist genug

Von Jürgen Beil

Es ist genug. Nein. Neue Vorschläge, wie die ehemalige Landesschule Zur Pforte möglicherweise doch noch zu retten ist, kommen zu spät. Viel zu spät. Es wurden Tatsachen geschaffen, die einfach nicht wegdiskutiert werden können. Aus welchen Gründen auch immer: Der Gebäudekomplex stand jahrelang leer, ist völlig marode und weist jetzt auch noch Schäden auf, die Vandalen anrichteten. Weder Landeskirche noch Stadt trauen sich den weiteren Unterhalt finanziell zu. Wie kann da ein sicherlich engagierter aber wohl kaum steinreicher Bürger als Heilsbringer einspringen? Nicht ein einziger Großinvestor steht Gewehr bei Fuß. Den konnten trotz intensivster Bemühungen weder Kommune noch Kirche herbeilocken - Albert Schneider wohl auch nicht.

Eine Million Euro als Zuschuss von der Landeskirche? Selbst wenn das Geld jemals auf Schneiders Treuhand-Konto landen würde, es wäre nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Auch wenn die Ex-Landesschule im augenblicklichen Zustand nur als Rohbau dienen und völlig neu aufgebaut werden soll - man möchte mit Jupp Schmitz singen "Wer soll das bezahlen?"

"Nichtstörendes Gewerbe" will Albert Schneider auf die Freiheit locken. Selbst "störendes" Gewerbe ist in Zeiten einer wirtschaftlichen Flaute nur schwer in die Stadt zu holen. Außerdem: Welches Gewerbe stört die unmittelbaren Anwohner nicht? Auch in diesem Punkt wären Auseinandersetzungen zu befürchten. Und das Planungsrecht müsste sowieso geändert werden.

Viel zu viele "wenn" und "aber", viel zu viele offene Fragen, Unwägbarkeiten.

Wie gesagt, es ist genug. Nun spielen auch sentimentale Gefühle einiger ehemaliger Landesschüler keine Rolle mehr. Es geht um viel Geld, das sinnvoller angelegt werden kann. Auch was die Kirchensteuer betrifft.


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